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FLASH Magazin Oktober 2003 der AXPO AG  von ROSANNA CARBONE

Fotos: LUCIA DEGONDA

NATURSTROM

NATURSTORM

MOHRENKÖPFE SCHLEMMEN, BIS MAN PLATZT

In wirtschaftlich unsicheren Zeiten kümmert sich kein Unternehmen um ökologische Belawnge. Das ist eine oft geäusserte Ansicht. Dass es Ausnahmen gibt, beweist zum Beispiel die Firma Robert Dubler AG im aargauischen Waltenschwil. Dort findet die Umwandlung von Axpo Naturstrom auf die wohl gaumenfreundlichste Art und Weise statt: nämlich in Mohrenköpfe.



Press Flash

Seine runde Form leuchtet golden aus den Verkaufsgestellen und die Aufforderung kommt unterschwellig, verführerisch: "Kaufe mich, geniesse mich!" Ein unwiederstehliches Verlangen stellt sich ein. Das Verlangen, die Zähne durch dünnen, zartbitteren und splitternden Schokoladeüberzug in weiches, dickes und süsses Weiss zu graben. - Wem schmeckt er nicht, der einzigartig gerillte, mit dunkler Zartbitterschokolade umhüllte und in goldene Folie verpackte Dubler-Mohrenkopf ?


Sommerzeit ist nicht Mohrenkopfzeit


Süsser Duft umschmeichelt die Nase. "Wenn Sie die Produktion sehen wollen, dann müssen wir uns beeilen, wir hören schon bald wieder auf damit", unterbricht Robert Dubler, Inhaber der Robert Dubler AG, das Schwelgen im Schokoladeduft. Im Sommer ist die Produktion der süssen Schaum-Schokolade-Köstlichkeiten sehr begrenzt. Mit steigenden Temperaturen sinkt die Lust von Herrn und Frau Schweizer auf Mohrenköpfe. Speziell in diesem Sommer mit seinen Höchsttemperaturen läuft die Herstellung gerade mal zwei Stunden am Tag. Die Hauptproduktion findet vor allem im Winterhalbjahr statt. Dann arbeitet die Belegschaft Überzeit. "Jetzt im Sommer brauchen wir den Strom nur für die Kühlung der Fabrikhalle und des Kühlkanals", witzelt Dubler, darauf anspielend, dass die Kühlung fast mehr Strom verbraucht als die Produktion. 22°C beträgt die ideale Produktions- und Lagertemperatur. Doch bald schon kommt die kalte Jahreszeit und man kann wieder Mohrenköpfe schlemmen, bis man platzt.

Im hinteren Teil der Halle wird in vier Rührwerken industriell vorgefertigtes Eiweiss geschlagen. Wie bitte,  für Mohrenköpfe wird kein frisches Eiweiss verwendet? Zum Glück nicht, denn so ist die Gefahr der Salmonellenbildung gebannt. Das Eiweiss in den Rührwerken ist nun soweit aufgeschäumt, dass es bis über den Kesselrand hinausreicht: eine leichte, schaumige Masse. Das ist der Moment, in dem der erhitzte Glukosesirup zugefügt wird, was der Masse die charakteristische dicke, zähe Klebrigkeit verleiht. So kommt sie nun in die Dressiermaschine, welche die Masse in acht wohlproportionierten Dosen auf die Waffelböden setzt. Bei Dubler kommt eine Dressiermethode zum Einsatz, die anderswo verschwunden ist: Die Mohrenkopfmasse sieht so aus, als sei sie von Hand aus einem Dressiersack gepresst worden. Es entsteht eine gerillte Oberfläche, die auch noch nach dem Schokoladeüberzug sichtbar ist. Aber vorerst durchlaufen die noch weissen Mohrenköpfe in strammen Achterreihen den Kühlkanal. Dieser ist eine Eigenkonstruktion Dublers. Der begnadete Tüftler hat ihn zusammen mit einem Freund selber entwickelt und gebaut.


Produktion mit Naturstrom


Der junge Robert Dubler übernimmt 1970 die Firma von seinem Vater, der das Unternehmen 1946 aufgebaut hat. Die Mutter ist zuerst skeptisch. Der 23-jährige Robert Dubler hat ihrer Meinung nach zu viele andere Interessen. Da ist zum Beispiel seine Leidenschaft für amerikanische Sportwagen, mit denen er auch Rennen fährt. Ständig gibt es an den Autos etwas zu reparieren. Die Leidenschaft ist bis heute geblieben und wohl auch zum Teil dafür verantwortlich, dass Dubler sich dauernd Gedanken macht, wie er Apparate und Abläufe optimieren kann. Heute braucht sich seine Mutter keine Sorgen mehr zu machen, dass ihr Sohn den Kopf nicht bei der Sache hätte.v das Unternehmen floriert. Denn wenn Robert Dubler etwas macht, dann richtig. "Es ist nicht wichtig, was jemand tut, wichtig ist, dass er es bewusst tut", lautet seine Devise, die er auch selbst lebt. "Wenn du etwas tust, solltest du dir immer auch der Konsequenzen deines Tuns bewusst sein und dazu stehen können", doppelt er nach. So kam es, dass er sich nicht lange überlegen musste, seine Mohrenköpfe in Zukunft mit Naturstrom zu produzieren. Ein Angestellter des Elektrizitätswerks Waltenschwil hatte ihn auf das Naturstromangebot von Axpo aufmerksam gemacht. "Die Idee spricht mich an, und durch den Mehrpreis, den ich zahle, versuche ich noch mehr, Strom bewusst einzusetzen und zu verbrauchen. Die Hoffnung besteht immer, etwas bewirken zu können."

Heizöl, Benzin und auch Strom sind seiner Meinung nach sowieso zu billig. "Bei den Menschen das Bewusstsein für einen vernünftigen Umgang mit unseren Ressourcen zu fördern, geht nur über den Geldbeutel", ist seine realistische Einschätzung. "Leider sind wir nicht dafür gemacht, die Welt schöner zu verlassen, als wir sie angetroffen haben", sinniert er weiter, "es geht nur darum, das, was man tut, mit Freude zu machen, sich der Nachteile bewusst zu sein und zu versuchen, diese zu reduzieren."


Optimierung als Grundhaltung


Nicht nur den Kühlkanal hat er optimiert und auf seine Bedürfnisse ausgerichtet. Der nimmermüde Tüftler hat sich auch ein System ausgedacht, bei dem er das Wasser, das er für die Kühlkanäle und für die Kühlung der Produktionshalle benötigt, in einen geschlossenen Kreislauf einbinden kann und nicht mehr jeden Tag Frischwasser dafür verbrauchen muss. "Stellen Sie sich vor, für Kühlungsanlagen wird hier in der Schweiz frisches Trinkwasser verbraucht!", entfährt es ihm, als könne er es selber nicht ganz glauben. Die Abwärme, die bei der kühlung des Wassers entsteht, nutzt er selbstverständlich, um einen Boiler mit Brauchwasser aufzuheizen für sein Haus, das gleich neben der Fabrik steht. Nichts wird verschwendet, alles optimiert. Robert Dubler ist ein Selfmademan. Genau wie seine Sportwagen wartet und repariert er auch seine Maschinen selber. Er tut alles, was technisch möglich und vernünftig ist.



Robert Dubler
Mutler Dubler

In der Zwischenzeit sind die Mohrenköpfe auf ihrem Werdegang einen Schritt weiter: Nach der Schokoladendusche sind sie nun eingehüllt in einen Mantel aus dunkelbrauner Zartbitterschokolade. Wieder verschwinden sie in einem Kühlkanal. Zu Spitzenzeiten gleiten so 6000 Mohrenköpfe in der Stunde Richtung Verpackungsmaschine. Diese schnappt sich die einzelnen Mohrenköpfe und wickelt sie in goldene Folie ein. Am Ende des Förderbandes greifen flinke Hände zu und packen die Süssigkeiten in Kartons ab.


An der Rezeptur wird nichts geändert


Seit Jahr und Tag werden die Mohrenköpfe mit der gleichen Rezeptur hergestellt. Das scheint so gar nicht zur Philosophie der stetigen Optimierung zu passen. Doch die Rezeptur hat sich bewährt. "Die Leute wollen immer das Gleiche, da gibt es nichts auszuprobieren", findet Dubler.  Ausser beim Schokoladeüberzug. Der sei nicht immer optimal gewesen und da sei mal eine kleine Verbesserung vorgenommen worden. Ansonsten optimiert Dubler lieber die Produktionsanlagen und -abläufe als das Produkt. Die Frage nach anderen Geschmacksrichtungen beantwortet er lakonisch mit: "Das machen wir bloss, damit die Leute merken, dass das Bewährte und Klassische doch das Bessere ist." Dennoch, es gibt Abnehmer, für die er kleine Mengen seiner Mohrenköpfe mit Aromen anreichert. So gibt es neben dem Klassiker mit dem feinen, kaum wahrzunehmenden Bittermandelgeschmack noch die Geschmacksrichtungen Amaretto, Banane, Caramel, Erdbeer, Mokka, Orange und Pfefferminze.

Die Mohrenköpfe stehen nun für die Auslieferung und den Verkauf bereit. Man glaubt es kaum, doch der grösste Teil seines Umsatzes macht Dubler über den eigenen Fabrikladen. 70 Prozent deckt er alleine damit ab. Die Leute kommen aus der ganzen Schweiz, um hier vor Ort die feinen, speziellen Dubler-Mohrenköpfe gleich kartonweise zu kaufen.